Rory Gallagher

Einer von uns

Legends of Blues Rock

Ein verspäteter Nachruf.

Es sah aus wie wir, kleidete sich wie wir, trug die Haare wie wir, machte Musik wie wir und soff wie wir. Oder besser: wir waren wie er. Er war kein Gitarrengott, er war nicht unnahbar wie Eric Clapton oder arrogant wie Jimmy Page. Er konnte sich in die erste Reihe seiner Zuschauer herunterknien und mit einem Fan headbangen. Dass er dabei aus dem Takt kam, das hat niemanden gestört. Im Gegenteil, das machte ihn noch sympathischer. Denn verspielt haben wir uns alle.

Rory Gallagher - Bluesrock Und wir wussten genau, was er meinte, wenn er sang: „Did You Ever – Did You Eeeeeeever – Did You Eeeeever ???“ Und dann loslegte:” Did You Ever Wake Up With Those Bullfrogs On Your Mind!!!”. Ja, genau. Jeder von uns wusste, wie so ein Bullfrog aussah und was es bedeutete mit solch einem Ochsenfrosch morgens aufzustehen und zu versuchen, den Tag zu retten. Und das war dann nicht Blues-Rock. Das war Blues.

Rory war keiner, von dem man sagen konnte, er hat diesen oder jenen großen Musiker beeinflusst, hat diese oder jene Stilrichtung angeschoben, eine musikalische Richtung geprägt. Aber er hat UNS beeinflusst, uns angeschoben und geprägt. Und das ist mindestens genauso wichtig, wenn nicht sogar wichtiger.

Rory Gallagher

Vielleicht lag auch das Geheimnis seiner Anziehungskraft darin, dass er genau die Musiker zum Vorbild hatte, die wir auch gut fanden: von Woody Guthrie über Lonnie Donegan hin zu Muddy Waters, Link Wray und Jimi Hendrix – aber auch zurück zu Eddy Cochran, Chuck Berry und Buddy Holly. So übernahm er all diese Einflüsse und transportierte sie für UNS auf die Bühne. Er raste mit seinem Botteleneck das Griffbrett rauf und runter, konnte den Blues auf der Akustischen mit unglaublicher Intensität und Hingabe spielen um danach seine 61er Strat komplett zur Sau zu machen. Seine „Strativari“ sah eben auch aus wie eine von denen, die wir spielten, spielten, spielten und in die Ecke schrammten.

Lange bevor das Aging, das man in verschiedenen „Relic-Stufen“ heute frisch von Fender & Co. für teuer Geld kaufen kann, in Mode kam, sah seine Gitarre so aus (Vielleicht hat er ja doch mehr Nachahmer als wir dachten und er ist der Urvater des „Gebraucht-Designs“ 🙂

Gitarre - Aging

 

Rory konnte den Blues spielen, so wie wir ihn hören wollten. Schnörkellos und direkt ins Herz. Unvergessen sind seine Auftritte im Rockpalast Mitte der Siebziger, seine Vinyls mit „Taste“ und seine ehrlichen Interviews. Dass er aus Irland stammte, wussten wir nicht. So wie wir meisst nicht wussten woher welcher Musiker, welche Band kam, die sangen ja alle Englisch. Ok, bei den Beatles war es klar – aber bei den Animals, Bei Pink Floyd, bei Vanilla Fudge, bei Rory? Die Musik musste nur rüberkommen. So wie Rory eben.

Wir hörten irgendwann mal auf mit dem Saufen. Rory nicht. Er starb an den Folgen des Alks, als man versuchte, ihm eine neue Leber zu transplantieren. Er starb am 14. Juni 1995 – yes, only the good die young.

Sein Geburtshaus in Ballyshannon und sein Grab auf dem St. Oliver Cemetery in Ballincollig sind zu Wallfahrtsorten seiner Fans geworden.

Nebenbei: mit Rory Gallager (ohne „h“) bezeichnete man in früheren Jahrhunderten ein wildes Schießeisen. Nomen est omen.

Rory Gallagher live „Bullfrog-Blues“

Rory Gallagher „Bankers Blues“

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